Bremstechnik beim Mountainbiken

von

Wer bremst, verliert! Wer später bremst, ist länger schnell! oder doch

Wer früher bremst, ist schneller!? – Bremstechnik beim Mountainbiken.

Elke Rabeder lächelt in die Kamera
Ihre MTB-Expertin

Tutorial – Bremstechnik beim Mountainbiken

Egal, welches Motto ihr verfolgt – Bremsen muss gelernt sein. So kontrovers das für manche klingen mag, aber „Wer effektiv bremst, ist schnell!“ und obendrein auch noch sicherer unterwegs, beschreibt Elke.

Wer ist Elke?

Elke Rabeder

Als langjähriger MTB-Guide kennt Elke Rabeder die Gegend rund um Bad Goisern fast besser als ihre Trikot-Tasche. Als 2-fache österreichische Mountainbike-Downhill-Meisterin ist sie nicht nur mit viel Federweg unterwegs, sondern liebt es, ihre Kondition in der vielleicht schönsten Gegenden auf Vordermann zu bringen. Besondere Plätze, tolle Ausblicke und spezielle Landschaften haben es ihr ebenfalls angetan.

Doch nun mal von vorne! Wir bremsen einerseits um zum Stillstand zu kommen (Hindernis, Kreuzung etc.) und andererseits die Geschwindigkeit zu reduzieren (zb vor Kurven) oder sie einfach nur beizubehalten (im steilen Gelände).

Wir nehmen an, wir haben ein Mountainbike oder E-Bike mit einer Vorderrad- und einer Hinterradbremse, die vom Lenker aus zu bedienen sind. Jetzt geht es einmal darum: Welche Bremse ist welche?

Vorderrad/Hinterrad-Bremse:

Als begeisterter Biker wisst Ihr natürlich im Schlaf, wo welche Bremse wirkt. Seid ihr aber komplette Anfänger stellt Euch neben das Bike, die Hände auf die Griffe des Lenkers. Nun sollt ihr selbst darauf kommen, welche Seite für welche Bremse steht – einfach probieren, während man das Bike nach vor und zurück schiebt! Im Normalfall wird die rechte Bremse für das Hinterrad und die linke für das Vorderrad sein.

Bremsleistung Vorderrad/Hinterrad-Bremse:

Die Vorderradbremse hat einen viel größeren Wirkunsgsgrad als die Hinterradbremse.

Das Verhältnis der Bremsleistung bewegt sich bei ca. 70% vorne und 30 % hinten. Durch das Abbremsen der sich bewegende Masse „Mensch und Bike“, wandert das Gewicht Richtung Vorderrad. Ist noch dazu das Gelände stark abfallend, verstärkt sich dieser Effekt (80% VR:20% HR). Doch dieses Wissen muss ich mit viel Gefühl und Körperpositions-Veränderung einsetzen.

Die Verzögerung ist an dem Punkt am größten, an dem die Räder kurz vor dem Blockieren sind (wenn es darum geht abzustoppen)! Ein blockierender Reifen bremst nicht so gut, als ein sich noch drehender! Man sollte also sein eigenes ABS (AntiBlockierSystem) sein – erfordert Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl – im wahrsten Sinne des Wortes!

Achtung: Auf rutschigem und losem Untergrund nicht zuviel Vorderbremse! In Kurven: immer vor der Kurve bremsen und dann möglichst ohne Bremsen durchrollen. Ansonsten maximal die Hinterradbremse benutzen.

Ein Fahrradlenker mit 1-Finger-Bremsen
Die richtige Bremstechnik für Sie

Art und Weise – Wieviele Finger?

Habt Ihr gut funktionierende und einzustellende Bremsen (hydraulische Scheibenbremsen) würde ich Euch auf alle Fälle die 1-FingerBremse empfehlen. Die Zeigefinger bedienen die Bremshebel, während die anderen Finger optimal den Lenker halten können.

Lenker „Um in der Abfahrt und besonderen Stellen bremsbereit zu sein, sollten die beiden Zeigefinger schon am Bremshebel aufliegen!“

Bei Felgenbremsen oder auch bei nicht optimal anzupassenden Bremshebeln (wie zB oft bei Kinder-Bikes) ist es meist notwendig die 2-Finger-Bremse (mit Zeige- und Mittelfinger) anzuwenden! Keinesfalls sollten alle Finger die Bremsen bedienen!

In beiden Fällen sollen die Bremshebel auf die Größe Deiner Hände angepasst werden. Der Druckpunkt ist möglichst ökonomisch zu wählen, damit Du einerseits wenig Fingerkraft brauchst und andererseits die volle Bremskraft nutzen kannst.

 

 

Körperposition: Wie bereite ich mich auf eine Bremsung vor?

Elke Rabeder zeigt der Kamera wie, beim Bergabfahren richtig gebremst wird
Die richtige Körperhaltung beim Bremsen

Wir gehen in die Grund-Position: Die Kurbeln sind waagrecht, wir stehen über dem Tretlager und die Arme und Beine sind locker und leicht gebeugt, um Geländegegebenheiten besser abfedern zu können! Die Ellbogen zeigen leicht nach außen.

Um bei einer Bremsung der Beschleunigung des eigenen Körpers entgegenzuwirken, versuchen wir den Schwerpunkt niedrig zu halten – d.h. wir beugen unsere Beine noch etwas mehr.

Je härter das Bremsmanöver, umso mehr wandert der Schwerpunkt nach hinten. Bei einer harten Bremsung bzw. bei starkem Gefälle ist es notwendig, die Hüfte hinter den Sattel zu bringen. Das sollte aber auch nicht übertrieben werden, da ansonsten das Vorderrad zu wenig Grip aufbauen kann und man in zu gestreckter Armposition „lenk-unfähig“ wird.

Bremsung „Je stärker gebremst wird und je steiler das Gefälle, desto mehr wandert der Körperschwerpunkt nach hinten unten!“

Wird nur „normal“ gebremst, sollte eine eher zentrale Position, vertikal über dem Tretlager eingenommen werden. Mit einem Beugen der Beine und nach unten Drücken der Fersen kann der Körperschwerpunkt optimal gesenkt werden. Die leicht gebeugten Arme stützen sich gegen den Lenker ab.

Tipp: Übe das Bremsen auf einem griffigen, nicht zur harten Untergrund. Am besten probierst Du (in der Falllinie) zuerst nur mit der Hinterradbremse, danach nur der Vorderradbremse stehen zu bleiben. Somit bekommt man etwas mehr Gefühl für die Bremsen. Verlagerung des Körperschwerpunkts nicht vergessen! Abschließend setzt Du beide Bremsen ein und versucht innerhalb eines möglichst kurzen Weges stehen zu bleiben = effektives Bremsen!

Notabstieg:

Um in jedem Gelände sicher absteigen zu können, solltest du den Notabstieg beherrschen. Bei kräftigem Einsatz beider Bremsen wird die Kurbel senkrecht gestellt und der obere Fuß setzt nach hinten unten ab, so dass man mit dem Gesäß hinter den Sattel ist. Der noch am Pedal stehende Fuß wird bei Stillstand am Boden abgesetzt. So steht man sicher hinter seinem Bike und geht nicht ungewollt über den Lenker. Mit niedrigem Sattel ist es etwas einfacher.

„Der Notabstieg ist eine sichere und leicht zu erlernende Technik, im steilen Gelände abzusteigen!“

 

Wie vermeide/reduziere ich ein Überhitzen?

Einerseits ist das Material anzupassen und andererseits die richtige Bremstechnik anzuwenden:

  • Geeignete Bremse verwenden: je schwerer und abfahrtsorientierter der Fahrer ist, desto standfester muss die Bremse sein. Das heißt
  • 4-Kolben statt 2 Kolben
  • größere und etwas dickere Bremsscheiben; anstatt kleine (Leichtbau-)Scheiben!
  • Metallische Belege sind für höhere Temperaturen geeignet …immer in Absprache mit dem Radhändler
  • Grundsätzlich beide Bremsen (gleichmäßig) verwenden – eher etwas leichter beginnen und dann Druck erhöhen! Keine Stotterbremsung!
  • Bei längeren Abfahrten immer wieder kurz aufmachen! Dadurch wird das Hydrauliköl oder die Bremsflüssigkeit wieder etwas durchgemischt und überhitzt nicht so leicht.
  • In den Pausen Finger von der Bremse geben – Finger auslockern!
  • Wenn nötig Pausen zum Abkühlen einlegen!

Wie erkenne ich eine drohende Überhitzung?

  • Bremsbelag-Gestank
  • Verglasung der Belege (raspelndes Geräusch)
  • Druckpunktwechsel am Bremshebel
  • Letzte drohende Phase: Bremshebel geht „leer“ durch; lässt sich bis zum Griff ziehen

In diesem Fall (wenn noch möglich) sofort stehen bleiben und abkühlen lassen, Bremse muss anschließend vom Bike-Mechaniker überprüft (und ev. entlüftet) werden! Bremsscheiben nicht mit Wasser etc. kühlen => Gefahr des Verziehens

Zusammenfassung der Bremstechnik beim Mountainbiken:

  1. Grundposition einnehmen
  2. Je ein Finger (Zeigefinger) liegt (bremsbereit) an den Bremshebeln. (Daumen umgreift den Griff nach unten– ganz normal)
  3. Beide Bremsen gleichzeitig und dosiert ziehen. Gleichzeitig verlagert sich der Schwerpunkt nach unten und hinten.
  4. Die Dosierung der Bremsen sollte einerseits dem Zweck (harte/normale Bremsung/Notbremsung) und andererseits dem Untergrund, Bodengegebenheiten und dem Gefälle angepasst werden. Ca. 70 % Vorderrad- und 30% Hinterrad-Bremse!
  5. Die Verzögerung ist an dem Punkt am größten, an dem die Räder kurz vor dem Blockieren sind! Das ABS bist Du selbst!
  6. Auf rutschigem und losen Untergrund, sowie in Kurven: Aufpassen mit der Vorderbremse!
  7. Nach Möglichkeit das Gewicht gleichmäßig auf beide Räder verteilen, um ein unkontrolliertes Blockieren zu verhindern.
  8. Erst normal (in der Mitte über dem Tretlager) absteigen, wenn die Geschwindigkeit bei Null ist. (ansonsten Überschlagsgefahr!)
  9. Notbremsung bei Bedarf (im steilen Gelände) anwenden!

Viel Spass wünscht Ihr Team vom Landhotel Agathawirt! - Ein Technik-Training kann jederzeit im Rahmen Ihres Urlaubs im Agathawirt gebucht werden!

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